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Spritpreisrechner, Community-Apps & OpenData – ein Interview mit @robertkoeberl

Mitte August wurde der Spritpreisrechner der Regulierungsbehörde E-Control freigeschaltet und konnte zu Beginn nicht den von vielen Benutzern gehegten Erwartungen entsprechen. Neben Performanceproblemen wurde auch das Fehlen von Schnittstellen, über welche im Sinne von Open Data die Daten maschinenlesbar bezogen werden können, häufig kritisiert. Siehe hierzu auch Beiträge und Leserkommentare auf Futurezone, ORF, Salzburger Nachrichten und News.

Trotz dieser Anfangsschwierigkeiten und obwohl der Zugriff auf die Daten derzeit nur über die Webseite www.spritpreisrechner.at möglich ist, gibt es im Android Market bereits rund 10 Applikationen von findigen EntwicklerInnen, welche diese Daten für Android-Smartphones aufbereiten. Eine davon ist die App “Spritpreis Austria” von Robert Köberl, den ich per Email über den Hintergrund dieser App befragt habe.

Die Existenz der erwähnten Apps basierend auf der jetzigen, noch schwer maschinell auslesbaren Webseite ist für mich ein eindeutiger Beweis dafür, dass vielfältige Innovationen möglich wären, wenn die Daten des Spritpreisrechners z.B. orientiert an den Open Data Grundprinzipien veröffentlicht werden würden.

Screenshots der App “Spritpreis Austria”

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Robert Seyfriedsberger: Wie kam es zur App “Spritpreis Austria”?
Robert Köberl: Da ich als selbständiger Unternehmer Tankstellen als Kunden habe, wusste ich schon vor Veröffentlichung von spritpreisrechner.at von der geplanten Preis-Transparenz-Datenbank. Nach meinen Informationen war vom Anbieter E-Control zunächst auch keine mobile App geplant. Ich hab mir gedacht, ich selbst versuche diese Lücke zu schließen und selbst eine App zu entwickeln. Für den Nutzer ist ja wichtig, bereits unterwegs zu wissen, wo er tanken soll, nicht erst, wenn er abends zu Hause angekommen ist und vor dem PC sitzt.

Robert Seyfriedsberger: Wie kommen Sie zu den Daten?
Robert Köberl: Bei diversen Datenabfragen quer durchs Internet müssen immer Schnittstellen erzeugt werden, über die ein Skript dem anderen Skript Werte übergibt. Diese sind öffentlich zugänglich. Zwar wäre es einfach möglich diese Skripte zu verschlüsseln und so die Entwickler von Apps auszuschließen. Das wäre aber  im konkreten Fall liegt wohl kaum  im Interesse des Betreibers und schon gar nicht im Sinne des Gesetzes, welches ja die Datenzugänglichkeit fördern will. Wir greifen auf die Daten mittels HTTP-POST zu, die Daten werden im Textformat ohne Zwischenspeicherung um die Standortdaten ergänzt und am Mobiltelefon  dargestellt.

Robert Seyfriedsberger: Warum kann Ihre App das Datum der letzten Änderung anzeigen, obwohl es in den FAQs bei Spritpreisrechner.at heißt: “Die Preise in der Spritpreisdatenbank dürfen laut gesetzlicher Vorgabe nicht älter als 30 Minuten sein. Eine Anzeige des Datums oder der Uhrzeit zu den Preisen erübrigt sich daher, da es keine „veralteten“ Preise geben darf.”?
Robert Köberl: Wo kein Kläger, da kein Richter. Ich kenne trotz der gesetzlichen Verpflichtung genug Tankstellen in der Umgebung, die sich bis dato noch nicht einmal bei der E-Control angemeldet haben und somit auch keine Preise melden. Auch wenn sie ihre Preise melden, sind sie oft vier Tage alt und stimmen nicht mit dem wirklichen Preisen überein.

Robert Seyfriedsberger: Wie sieht die Nutzung der Daten aus rechtlicher Sicht aus?
Robert Köberl: Würde ich die App als „Spritpreisrechner“ oder unter einem anderen Namen, aber kommerziell vertreiben, hätte ich sicher ein Problem. Denn für den Laien sieht es so aus, als kämen die Preisdaten von mir. Das ist aber nicht der Fall. Auch die Zwischenspeicherung wäre urheberrechtlich bedenklich. Ich biete die App jedoch kostenlos an und diese zeigt nur die öffentlich zugänglichen Daten an, ähnlich einem Browser am PC, jedoch optimiert für Mobiltelefone mit Standortunterstützung.

Wie sollen die Daten angeboten werden, damit sie leichter verarbeitet werden können?
Robert Köberl: Eine Auflistung aller Tankstellen österreichweit inklusive deren Preise wäre wünschenswert, damit man die Filterung und die Suche selbst in die Hand nehmen kann. Mit Berücksichtigung der Entfernung vom jeweiligen Standort aus könnten dann die “günstigeren Preise” erhoben und Nutzen-/Kostenaufwand berechnet werden.

Robert Seyfriedsberger: Was planen Sie für künftige Versionen?

Robert Köberl: Verbesserungen in der Handhabe und eine manuelle Standorteingabe. Mehr würde aus meiner Sicht  keinen Sinn machen, da etwa ein Routenplaner der eigentlichen Idee widerspricht. Ausgehend von der Annahme, dass 50 Liter getankt werden können, dürfte ich bei einem Preisunterschied von  einem Cent gerade mal rund 800 Meter weiter fahren; kommt jedoch noch die Rückfahrt hinzu, sind es nur noch 400 Meter, damit es sich „auszahlt“. Daher ist ein Routenplaner zwecklos und würde außer Arbeit nur zusätzliche Umwege (und Mehrkosten) verursachen. Das Feedback der Nutzer zeigt, dass unsere App größtenteils problemfrei funktioniert und bereits in der aktuellen Version gut ankommt.

Danke für das Interview!

Wirtschaftliche Aspekte von OpenData am Beispiel von Verkehrsunternehmen

Der kanadische Opendata-Evangelist David Eaves hat in seinem lesenswerten Blogpost “The Economics of Open Data – Mini-Case, Transit Data & Translink” am Beispiel des kanadischen Verkehrsunternehmens Translink gegenübergestellt, welche Wertschöpfung durch von Verkehrsbetrieben erstellte Apps versus Apps basierend auf OpenData generiert werden kann. Er argumentiert dabei, dass Translink nicht davon profitiert, einen Monopol-Zugang zu diesen Daten zu besitzen – im Gegenteil: je weniger Personen Zugang zu diesen Daten haben, desto weniger Innovation findet statt. Ein großes Hindernis bei Translink zur Nutzung als Opendata sind im Moment die Nutzungsbedingungen, welche eine kommerzielle Nutzung der Daten untersagen.

Betrachtet man die Situation in Österreich, scheinen zumindest Lizenzfragen kein Hindernis für die Nutzung von Verkehrsdaten als Open Data zu sein. Die “Corporation Open Government Data Österreich”, dem Bündnis zwischen derzeit Stadt Wien, Stadt Linz und dem Bundeskanzleramt zur Koordination von OGD Aktivitäten, hat in der 1. Sitzung am 13. Juli fixiert, dass die Daten der öffentlichen Verwaltung kostenlos unter einer Creative Commons Namensnennung Lizenz (CC BY 3.0 AT) zur Verfügung gestellt werden.

Auch von Seiten der Verkehrsbetriebe – zumindest was Wiener Linien und den VOR-Verbund betrifft – haben beim letzten OGD Plattform-Treffen der Stadt Wien am 30. Juni 2011 die anwesenden Unternehmensvertreter darüber informiert, dass derzeit eine Abstimmung laufe, wie Open Data nachhaltig in die eigene Strategie implementiert werden kann. Wie hier die nächsten konkreten Schritte aussehen, wird wie ich hoffe am 4. OGD-Plattform-Treffen am 29. September bekannt gegeben werden.

Was mich auch aktuell interessieren würde, wäre, wie beispielsweise die ÖBB oder andere städtische Verkehrsunternehmen sich zum Thema Open Data äußern – hat hier jemand aktuelle Informationen?

Open Government Data Weißbuch erschienen

Anläßlich der Zukunftsgespräche beim diesjährigen Europäischen Forum Alpbach präsentierte Martin Kaltenböck das Open Government Data Weißbuch, als erste österreichische Publikation zum Thema “Umgang mit Daten des öffentlichen Sektors”.

Kaltenböck und Koherausgeber Thomas Thurner haben im Weißbuch Probleme, Chancen, Handlungsbedarfe und Empfehlungen entlang der Anforderungen der relevanten Stakeholder (Wirtschaft, Politik, öffentliche Verwaltung und BürgerInnen / Öffentlichkeit sowie Medien und Wissenschaft) zusammengetragen. Dieser Band bietet nun erstmals einen Überblick über den Status der österreichsichen Diskussion zu Open Government Data und wagt auch Ausblicke, sowie Empfehlungen abzugeben.

Das Open Government Data Weißbuch beinhaltet

  • Eine rasche Einführung in Open Government Data
  • Die Österreichische OGD-Anforderungsanalyse
  • Open Government Data Guidelines für Österreich
  • sowie einen ausführlichen Materialienteil

Das Weißbuch wird von der Semantic Web Company in Zusammenarbeit mit der Edition Donau-Universität Krems herausgegeben, kann online bei issuu abgerufen sowie bei amazon.com bezogen werden.

Open Government Data – Weißbuch
Martin Kaltenböck, Thomas Thurner (Hg)
Semantic Web Company
Edition Donau Universität Krems
ISBN: 978-3-902505-23-1

Quelle: OGD Austria, http://gov.opendata.at/site/node/415

On open government

Sir Humphrey and Sir Arnold lectures Bernard on “open government” 🙂

via @parycek

OpenData als Chance für Verkehrsunternehmen

Mit Ausnahme von Wetterdaten entstehen derzeit weltweit basierend auf Verkehrsdaten die meisten Open Data Applikationen. Laut der Webseite City-Go-Round gibt es beispielsweise in den Vereinigten Staaten
886 Verkehrsunternehmen
, von denen 201 ihre Daten nach den Open Data-Prinzipien anbieten. Basierend auf diesen Daten wurden bisher 158 Open Data Applikationen erstellt. Europäische Beispiel-Apps findet man im Open-Data-Showroom.

Für Benutzer von öffentlichen Verkehrsmitteln wurden so jedenfalls oft neue, innovative Services geschaffen, die zudem für die Verkehrsunternehmen (abseits vom Aufwand für Datenportale) keine zusätzlichen Entwicklungskosten verursacht haben.

Der kanadische OpenData Evangelist David Eaves führt diesen Erfolg auch auf die zunehmende Standardisierung zurück, die es beispielsweise Entwicklern von Verkehrsapplikationen basierend auf der General Transit Feed Specification (GTFS) ermöglicht, ihre Apps in mehr als 100 Städten mit insgesamt mehreren Millionen potentiellen Benutzern anzubieten.

Insgesamt liegt der Nutzen von standardisierten Datenstrukturen auch für Verkehrsdaten auf der Hand: öffentliche Güter werden effektiver genutzt, Bürger erhalten bessere Services und Unternehmen (nicht nur Google, sondern z.B. auch KMUs spezialisiert auf Transportapplikationen) generieren Umsatz, zahlen Gehälter, Steuern etc.

Auch in Österreich gibt es eine breite Community, welche basierend auf Verkehrsdaten von z.B. ÖBB oder Wiener Linien Applikationen entwicklen möchte. Allein die Facebook-Gruppe “Google Transit Österreich” hat derzeit 651 Mitglieder. Auch beim letzten OGD-Plattformtreffen der Stadt Wien am 30.6. (siehe Livestream) wurde vielfach der Wunsch an den Vertreter der Wiener Linien, Hr. Mag. FH Stefan Kriz, geäußert, z.B. qando-Webservices (für die es eine inoffizielle Dokumentation gibt) im Lesezugriff nutzen zu dürfen oder z.B. Zugriff auf Fahrpläne oder Geokoordinaten von Haltenstellen in maschinenlesbarer Form zu erhalten. Alle diese Fragen konnten am 30.6. leider nicht vollständig beantwortet werden, Hr. Mag. Kriz hat aber zugesagt, diese bis zum nächsten OGD-Plattform-Treffen am 28.7. zu klären.

Die Entwickler-Community hat jedenfalls in der Zwischenzeit schon erste App-Ideen auch für Wien entwickelt: Anita Graser (@underdarkgis auf Twitter, Blog) hat beispielsweise ein Mashup der Open Street Map-Karte von Wien mit den (im Rahmen von ubahnaufzug.at erfassten) Geokoordinaten der U-Bahn-Stationen erstellt. Diese Visualisierung zeigt jene Gebiete, die innerhalb von maximal 1km im Umkreis von U-Bahn-Stationen zu erreichen sind:

Laut Ihrem Blogbeitrag “Infrastructure Coverage based on Open Data” wäre es durchaus denkbar, dieses Mashup z.B. mit Verkehrsdaten der Wiener Linien zu ergänzen. Dadurch wären beispielsweise neuartige Immobiliensuchdienste denkbar, die Wohnungssuchende bei Fragen wie “ich suche eine Wohnung maximal 10 Gehminuten von der U-Bahn entfernt” oder “wie weit komme ich ausgehend von meinem aktuellen Standort mit den öffentlichen Verkehrsmitteln in 15 Minuten?” unterstützen könnten.

Die österreichischen Verkehrsbetriebe haben bisher jedenfalls zurückhaltend auf die Wünsche der Open Data Community reagiert. Ich bleibe jedenfalls zuversichtlich, dass es hier zu einem Umdenken kommt und die Verkehrsbetriebe erkennen, dass durch die Förderung von Open Data neue, innovative Applikationen und Services entstehen würden, die sie wesentlich bei der Erfüllung ihrer Hauptaufgabe – der Bereitstellung eines leistungsfähigen und attraktiven öffentlichen Personenverkehrs – unterstützen könnten.