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Interview mit Statistik Austria Generaldirektor Dr. Konrad Pesendorfer

Das Thema Open Government Data gewinnt auch in der österreichischen Verwaltung immer mehr an Bedeutung. Gestärkt wird dies vor allem durch die Einigung auf einen österreichweit einheitlichen Metadatenstandard und der wachsenden Erkenntnis, dass Open Government Data auch als ein Werkzeug zur Unterstützung von Verwaltungs- und Demokratiereformen eingesetzt werden kann.

Derzeit existieren in Österreich 9 explizite opendata Datenkataloge: Stadt Wien, Open Commons Region Linz, Stadt Graz, Stadt Salzburg, Land Vorarlberg, Land Tirol, Gemeinde Kremsmünster, Umweltbundesamt, Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung. Darüber hinaus wurde im April 2012 das Metadatenportal data.gv.at in einer ersten Betaversion gestartet, auf dem alle als Open Data deklarierten Datensätze in Österreich aggregiert werden und wo weiters auch Datensätze von Organisationen ohne eigenen Datenauftritt wie z.B. dem Bundesministerium für Finanzen, dem Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz oder dem Bundeskanzleramt zum Download zur Verfügung stehen.

Ein Großteil der in den Datenkatalogen veröffentlichten Datensätze besteht dabei aus Statistiken, welche überwiegend von den jeweiligen Statistikabteilungen der Länder/Städte bzw. Organisationen erstellt wurden.

Im Bundesbereich hat die Statistik Austria die führende Rolle, was die Erfassung und Verarbeitung von statistischen Datensätzen anbelangt. Statistik Austria ist die Bezeichnung, unter der die Bundesanstalt Statistik Österreich (STAT), das statistische Amt der Republik Österreich, in der Öffentlichkeit auftritt. Statistik Austria ging durch das österreichische Bundesstatistikgesetz 2000 aus dem Österreichischen Statistischen Zentralamt hervor und wurde am 1. Januar 2000 aus der Bundesverwaltung ausgegliedert (Quelle: Wikipedia).

Für den Aufgabenvollzug des Bundes bilden statistische Informationen aus der Bundesanstalt einen wichtigen Teil der Entscheidungsgrundlagen für Politik und Verwaltung. Das für die Veröffentlichung bestimmte, reichhaltige Datenmaterial von Statistik Austria ist daher eine wichtige Informationsquelle für die Open Government Data-Initiativen.

Wie die Statistik Austria das Thema Open Data sieht und welche Aktivitäten in nächster Zeit für Bürgerinnen und Bürger zu erwarten sind, darüber informiert Generaldirektor Dr. Konrad Pesendorfer im nachfolgenden Interview mit Robert Seyfriedsberger:

Was verstehen Sie unter den Begriffen Open Government und Open Data?

Dr. Konrad Pesendorfer: Bei Open Government geht es aus meiner Sicht darum, Nutzerinnen und Nutzern einen möglichst uneingeschränkten Zugang zu allen öffentlich verfügbaren Daten zu gewähren – mehr noch – sie auf einfache Weise weiterverarbeitbar zu machen. Es geht also um Transparenz und Weiterverbreitung von Information – zwei Grundfesten unserer Arbeit als Statistiker. Gleichzeitig müssen wir bei der Veröffentlichung unserer Statistiken natürlich auch die in Österreich sehr streng gefassten Datenschutzbestimmungen auf Punkt und Beistrich einhalten. In gewisser Weise praktizieren wir schon seit langem „Open Data“, weil alle unsere statistischen Hauptergebnisse per Internet elektronisch zur Verfügung gestellt werden. Ein Bereich, wo wir noch einen gewissen Handlungsbedarf haben, ist zum Beispiel die Maschinenlesbarkeit und automatische Weiterverarbeitbarkeit unserer Daten – da sind wir dran.

Wann ist Ihnen der Begriff Open Data das erste Mal untergekommen?

Dr. Konrad Pesendorfer: Die Diskussion ist in etwa Ende 2009 entstanden, 2010 hat die Sache dann Fahrt aufgenommen.

Welche Rolle wird Open Data für Sie in der kommenden Zeit spielen?

Dr. Konrad Pesendorfer: Für Statistik Austria ist die Beobachtung der Anforderungen der Nutzerinnen und Nutzer laufendes Geschäft. Dies betrifft auch die Arten des Datenzugangs und nachgefragte Datenformate. Nachdem es hinsichtlich der Lizenz Unterschiede gibt und der Aspekt der Maschinenlesbarkeit noch weiterentwickelt werden muss, ergibt sich hier Handlungsbedarf für Statistik Austria. Wir arbeiten daran, ein ausgewähltes Set von Datensätzen zu erstellen, das dann allen Anforderungen von Open Data vollständig genügen und der Community zur Verfügung stehen wird. Es ist auch geplant, dieses Angebot regelmäßig zu erweitern. Ebenso wird sichergestellt sein, dass sich die Datensätze – es wird sich wohl überwiegend um Zeitreihen handeln – automatisiert aktualisieren.

Wird es einen eigenen Datenkatalog der Statistik Austria (zB http://data.statistik.at) geben?

Dr. Konrad Pesendorfer: Nachdem wir bereits jetzt mit der „Cooperation Open Governement Data Österreich“ zusammenarbeiten, planen wir unsere Daten über die Plattform http://www.data.gv.at/ anzubieten. Somit wäre eine eigene Plattform redundant und nicht im Sinne der Effizienz.

Das Bundeskanzleramt, die Städte Wien, Linz, Salzburg und Graz gründeten am 13. Juli 2011 gemeinsam die “Cooperation Open Government Data Österreich”, kurz “Cooperation OGD Österreich”, um u.a. durch die Einigung auf gemeinsame Standards effektive Rahmenbedingungen zu schaffen. Ist von Seiten der Statistik Austria eine Mitarbeit an derartigen Kooperationen geplant?

Dr. Konrad Pesendorfer: Wie bereits bei der letzten Frage erwähnt, stehen wir derzeit schon in enger Kooperation, nachdem das Bundeskanzleramt hier an uns herangetreten ist. So waren wir bereits bei der Erstellung der Erstversion eines Standards für Metadaten bzgl. Open Data (http://data.wien.gv.at/pdf/bslg-abschlussbericht.pdf) in der entsprechenden Arbeitsgruppe aktiv. Aufgrund der bisherigen Erfahrungen wird dieser Standard noch im Laufe des Sommers überarbeitet werden. Statistik Austria ist hier natürlich bereit, ihr Know How auf dem Gebiet von begleitenden Metainformationen weiterzugeben.

In Österreich ist die Creative Commons Attribution-Lizenz die empfohlene Lizenz der Cooperation OGD Österreich für die Veröffentlichung von offenen Daten. Welche Vorteile sehen Sie durch dieses Lizenzmodell für Ihre Organisation?

Dr. Konrad Pesendorfer: Die Lizenz unserer auf der Webseite angebotenen Daten unterscheidet sich in einem Punkt von der CC-Lizenz. Wir erlauben die kommerzielle Nutzung nur nach vorab eingeholter schriftlicher Zustimmung. Dies hat vor allem auch den Grund, dass wir gemäß Verhaltenskodex für Europäische Statistiken dazu verpflichtet sind, der missbräuchlichen Verwendung von Daten proaktiv zu begegnen. Naturgemäß ist es uns auch ein Anliegen zu sehen, wie unsere Daten generell weiterverarbeitet werden. Das bereits angesprochene Set von Daten für Open Data wird aber gemäß CC-Lizenz zur Verfügung stehen und somit den Open Data Anforderungen entsprechen.

Viele Apps entstehen in Rahmen von sogenannten Hackathons. Wäre es für Sie vorstellbar, eventuell auch eine derartige Veranstaltung mitzuorganisieren?

Dr. Konrad Pesendorfer: In der Entwicklung von Apps liegt sicherlich ein zukunftsträchtiges Feld. Hackathons scheinen wichtige Events zu sein und man muss die outcomes beobachten. Nachdem App-Entwicklung aber nicht das Kerngeschäft von Statistik Austria ist, erscheint eine Beteiligung an der Organisation wohl eher unwahrscheinlich.

Wie bewerten Sie die Lage von Open Data in der EU? Vor allem in Hinblick auf die überarbeitete PSI-Richtlinie, welche einen starken Schwenk Richtung Open Data als Standard bedeuten wird?

Dr. Konrad Pesendorfer: Die Modifikationen in der Europäischen Legislative auf diesem Gebiet werden sicher ein Antrieb für die Entwicklungen auf nationaler Ebene sein. Aber auch die gewaltigen Datenschätze der verschiedenen EU-Administrationen müssen hierbei ins Auge gefasst werden. Nicht umsonst wird die Kommissionsmitteilung vom 12.12.2011 mit „Offene Daten: Ein Motor für Innovation, Wachstum und transparente Verwaltung“ betitelt.

Worin liegt für Sie derzeit die dringendste Herausforderung für Open Data?

Dr. Konrad Pesendorfer: Es herrscht derzeit eine gewisse Skepsis der Dateninhaber darüber, was mit den zur Verfügung gestellten Datensätzen passiert. Hier besteht insbesondere die Gefahr, dass unter dem Zusammenführen von Daten aus verschiedensten Datenquellen die Aussagekraft der Ergebnisse leidet. Es wird eine Aufgabe der community sein, hier die Qualität sicherzustellen und den Datenproduzenten zu zeigen, was mit dem von ihnen gelieferten Material möglich ist. Dies betrifft vor allem die Aufbereitung der Daten, aber auch neue Formen der Visualisierung.

Wie schätzen Sie die Zukunft von Open Data ein?

Dr. Konrad Pesendorfer: Derzeit scheint der Fokus vor allem auf Daten mit kleinräumigem Geobezug zu liegen. Es wird abzuwarten sein, inwieweit klassische statistische Ergebnisse darüber hinaus nachgefragt werden. Jedenfalls werden die Anforderungen von Entwicklern von Apps in den nächsten Jahren sicher noch steigen.

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